Herzinfarkt, Bypass oder ein Stent sollten für Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) eigentlich ein Motiv sein, ihren Lebensstil zu ändern. Eine Querschnittsstudie im Lancet (2009; 373: 929-940) und im European Journal of Cardiovascular Prevention & Rehabilitation zeigt jedoch, dass die meisten Patienten das nicht schaffen, berichtet das Deutsche Ärzteblatt (online, 13. 03. 2009).
Die European Society of Cardiology hat in den letzten 12 Jahren dreimal (1995-96, 1999-2000 und 2006-2007) Patienten aus mehreren europäischen Ländern befragt, deren Krankenhausaufenthalt im Durchschnitt ein Jahr zurücklag. Alle Umfragen ergaben, dass es vielen Patienten während dieser Zeit nicht gelang, die modifizierten Risikofaktoren, die für das koronare Ereignis verantwortlich waren, abzustellen. Im Gegenteil: Das Risikoverhalten hatte meist zugenommen.
Die niederschmetternden Ergebnisse: Der Anteil der Rauchenden unter den Patienten nach einer Herzattacke veränderte sich kaum. In der ersten Befragung waren es 20,3 Prozent gewesen, in der zweiten dann 21,2 und in der dritten 18,2 Prozent. Bei den Frauen unter 50 stieg der Raucheranteil an, wie Kornelia Kotseva vom Londoner National Heart and Lung Institute mitteilt. Auch Fettsucht als Risikofaktor für weitere Herzprobleme wurde deutlich häufiger: Waren 1995/96 noch 25 Prozent der Patienten fettleibig, so waren es 12 Jahre später bereits 38 Prozent. Der Anteil der Diabetiker stieg von 17,4 auf 28 Prozent an. Außerdem wiesen etwa 60 Prozent auch noch rund ein Jahr nach den akuten Herzproblemen zu hohe Blutdruckwerte auf.
Die Motivation zu mehr körperlicher Bewegung ist nicht bei allen Patienten vorhanden: 40 Prozent blieben ihren alten Gewohnheiten treu. Ein Drittel sagte, dass sie regelmäßig Sport treiben würden, um fit zu bleiben. Insgesamt zeige die Studie, wie schwierig es für die Menschen sei, ihre Verhaltensweisen sogar angesichts einer lebensbedrohenden Erkrankung zu ändern. Medikamentöse Behandlungen reichen nicht aus, sie müssen mit professionellen Eingriffen in die Lebensführung kombiniert werden, schlussfolgern die Autoren. Die Lancet-Editorialisten Mette Brekke und Bjørn Gjelsvik von der Universität Oslo halten letztendlich politisches Handeln für notwendig, um die negativen Entwicklungen, Fettleibigkeit und inaktive Freizeitbeschäftigungen zu verändern. Dies umfasse den Kampf gegen die Fastfood- und Zuckerindustrie bis hin zur Einrichtung sicherer Radwege und die Einführung gesunder Schulmahlzeiten.