Wegen mangelnder Aufklärung und wachsenden Drucks hin zu frühen Sexualerfahrungen werden jährlich weit mehr als zehntausend Mädchen unter 18 Jahren ungewollt schwanger. Konkret kam es in Deutschland im Jahr 2006 zu 6.590 Abtreibungen bei Mädchen unter 18 Jahren, im selben Jahr brachten minderjährige Mütter 6.163 Kinder zur Welt. Angesichts dieser immer noch hohen Zahlen forderte die Gynäkologin Gisela Gille, Vorsitzende der Ärztlichen Gesellschaft zur Gesundheitsförderung der Frau, am 32. Interdisziplinären Forum der Bundesärztekammer in Berlin, eine Neuausrichtung der Sexualaufklärung. „Die übliche sex- und verhütungszentrierte Aufklärung greift viel zu kurz und unterschlägt die wichtige entwicklungspsychologische Basis für weibliches Körpergefühl“, kritisiert Gille (Pressemitteilung der Deutschen Bundesärztekammer, 11. 01. 2008). „Wir haben es mit einer mediengewohnten Generation zu tun, die Vieles gehört hat und Weniges einordnen kann.“ Das Wissen über den eigenen Körper müsste, so Gille, insbesondere von Kinder- und Jugendärzten, Hausärzten sowie Frauenärzten weitergegeben werden. Die wichtige Rolle der Familie und Erziehung lässt sie leider unerwähnt, übt aber scharfe Kritik an unserer Gesellschaft, die „von Sexualisierung und massenmedialer Stimulation geprägt“ sei. Durch die „Banalisierung von Sexualität in den Medien“ würden Normen gesetzt, bei Jugendlichen entstehe ein „spürbarer Gruppendruck“. Es sei wichtig, in dieser brisanten Mischung von „Halbwissen, Neugier und Beziehungssehnsucht“ Jugendliche zu stärken, sich diesem Druck zu widersetzen und „mit dem ersten Mal zu warten“, so die Frauenärztin.
Bioethik aktuell
Prävention: Deutsche Gynäkologin kritisiert „verhütungszentrierte Aufklärung“
Hohe Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen bei Minderjährigen in Deutschland
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