Ab 2016 wollen Pharmafirmen im Zuge einer freiwilligen Selbstkontrolle öffentlich machen, wie viel Geld und Leistungen sie Ärzten und Institutionen zukommen lassen. Die Initiative ging 2013 vom Europäischen Dachverband der forschenden Arzneimittelhersteller (EFPIA) aus. Sie soll zu einer größeren Transparenz in der Zusammenarbeit zwischen Medizin und Pharmaindustrie führen. Der EFPIA-Codex wird regional umgesetzt, in Österreich wurde deshalb im Jahr 2014 eine entsprechende Regelung von den Mitgliedsunternehmen der Pharmig in den Verhaltenscodex (VHC) aufgenommen und auch mit der Österreichischen Ärztekammer (Ärztlicher Verhaltenskodex 2014) abgestimmt. Die rund 100 Mitgliedsunternehmen der Pharmig seien nun laut Generalsekretär Jan Oliver Huber verpflichtet, Daten offenzulegen wie: Beratungshonorare, Zahlungen für Vorträge, Sponsorengelder, Geld- und Sachspenden, Übernahme von Tagungs-, Reise- und Übernachtungskosten bei durch die Pharmaindustrie angebotenen Fortbildungen oder auch Leistungen im Rahmen einer Forschungstätigkeit (vgl. Pharmig-Pressemitteilung, online, 26.11.2015). Die Daten werden mit Juni 2016 auf den jeweiligen Webseiten der pharmazeutischen Unternehmen veröffentlicht und für Patienten einsehbar sein. Patienten sollen dadurch erfahren, ob der behandelnde Arzt für die Verschreibung eines Mittels zusätzliches Geld seitens des Pharmaunternehmens erhalten hat.
Gemäß Arzneimittelgesetz dürfen nur solche Zuwendungen an den Fachkreis abgegeben werden, die für die medizinische Praxis von Belang und zudem nur von geringem Wert sind. Da es in Österreich dazu bislang keine Judikatur gibt, wollen sich hiesige Juristen am deutschen Nachbarn orientieren. Rechtlich bindend ist der VHC nicht, es gilt das Arzneimittelgesetz (AMG) bzw. das Korruptionsstrafrecht (vgl. Pharma Marketing Club Austria, online, 17.12.2014).
Kritikern geht die Initiative nicht weit genug. So ist grundsätzlich vorgesehen, dass Geldempfänger auf den Webseiten der Pharmafirmen mit Namen und Adressen genannt werden sollen. Ein Schwachpunkt bestehe jedoch in der Tatsache, dass die Unternehmen für eine individuelle Offenlegung die ausdrückliche Zustimmung des jeweiligen Arztes benötigen (vgl. Bioskop, Nr.64). „Wir befürchten, dass der Datenschutz von vielen als Vorwand gegen eine transparente Offenlegung vorgeschoben wird“, betont Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von Transparency International - Austrian Chapter (TI-AC) (vgl. Pressemitteilung, online, 26.11.2015). TI-AC will daher die Offenlegungspraxis genau analysieren und prüfen, ob diese Transparenzregeln auch gelebt werden.
In Deutschland möchte die Anti-Korruptions-Ärzteinitiative MEZIS ("Mein Essen zahle ich selbst") mit dem Projekt www.leitlinienwatch.de gemeinsam mit NeurologyFirst und Transparency Deutschland den Erwartungen von Ärzteschaft und Gesellschaft an eine unabhängige Erstellung von Leitlinien entgegenkommen. Erklärtes Ziel ist es, den Einfluss von Interessenkonflikten auf medizinische Behandlungsleitlinien zu reduzieren. Viele Leitlinienautoren seien mit den Herstellern der zu bewertenden Medikamente und Produkte durch Beraterverträge und bezahlte Vorträge verbunden. Dadurch würden Interessenkonflikte mit dem Risiko entstehen, dass die meist teuren und oft noch unzureichend erforschten neuen Medikamente dieser Hersteller bevorzugt empfohlen werden, so die Plattform (vgl. Pressemitteilung, online, 14.12.2015). Seit Mai 2015 haben mehr als 1.200 Ärztinnen und Ärzte sowie mehrere ärztliche Organisationen den Appell an die medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland zum Umgang mit Interessenkonflikten unterzeichnet.