Interessenskonflikte werden von wissenschaftlich tätigen Ärzten zunehmend angegeben, aber nicht lückenlos. Und ob die Transparenz am Papier alleine Manipulationen verhindern kann, ist mehr als fraglich. Eine nun im British Medical Journal publizierte Studie (2017; 356: i6770) zeigt: Ergebnisse von Medikamentenstudien fallen dreimal so häufig positiv für das Produkt aus, wenn der Leitautor finanzielle Verbindungen zum Hersteller hat - auch wenn er diesen Interessenskonflikt pflichtgemäß angegeben hatte.
Virginia Barbour, Vorsitzende von COPE, betont angesichts der aktuellen BMJ-Studie, dass das Problem zwischen Positivergebnissen und Finanzierung von Studien schon viel früher beginne (vgl. Pharmaceutical Journal, online, 25.1.2017). Deshalb sollten nicht nur die Ergebnisse, sondern der gesamte Prozess der Studie geprüft werden (vgl. Bioethik aktuell, 20.1.2014).
Gerade im Wissenschaftsbetrieb zeige sich, dass Regeln, Vorschriften und Appelle zwar wichtige Elemente zur Qualitätssicherung sind - allein: Ethisches Verhalten können sie nicht produzieren. Der Deutsche Wissenschaftsrat hatte deshalb schon 2015 eine neue „umfassende Kultur der Redlichkeit und Qualität an wissenschaftlichen Einrichtungen“ und die Förderung von ethischen Grundhaltungen gefordert. Transparenz erzielt nur dann ihre Wirkung, wenn sie Wahrhaftigkeit bedeutet (vgl. Bioethik aktuell, 5.5.2015).
In der vorliegenden Studie hatten die Autoren um Salomeh Keyhani von der University of California in San Francisco anhand einer Zufallsauswahl von 195 Medikamentenstudien aus dem Jahr 2013 die möglichen Auswirkungen eines Interessenskonfliktes untersucht. Ziel war es herauszufinden, ob es direkte finanzielle Beziehungen zwischen Pharmafirmen und Studienleitern gab und welchen Einfluss dies auf die Ergebnisse hat, berichtet der Standard (online, 2.2.2017). Das Ergebnis: 58% der Studienleiter wiesen eine direkte finanzielle Verbindung zur Pharmaindustrie auf. In solchen Fällen erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit signifikant, dass die Studienergebnisse deutlich positiv ausfielen. Das ändert sich auch nicht unter Einbeziehung weiterer möglicher Einflussfaktoren wie etwa dem Stichprobenumfang, betonen die Wissenschafter.
Die Autoren gehen nicht von einer Ursache-Wirkung-Beziehung, sondern von einem multifaktoriellen Zusammenhang aus: Im Wissenschaftsbetrieb landen Studien mit negativen Ergebnisse generell öfters in der Schublade (vgl. Bioethik online, 19.11.2013). Finanzielle Beziehungen zwischen Pharmaunternehmen und Forschern können sich auch auf die Art und Weise auswirken, wie Studien entworfen oder ausgeführt werden. Auch schlampige Analysen spielen eine Rolle. Als Maßnahme stellen die Autoren in den Raum, die klinischen Prüfprotokolle der Studien öffentlich zugänglich zu machen. Dies würde auch Meta-Analytikern die Arbeit erleichtern, die später die Ergebnisse unterschiedlicher Studien zusammenfassen. Eine radikalere Lösung würde darin bestehen, Ärzte mit finanziellen Interessenkonflikten ganz von der Teilnahme an klinischen Studien auszuschließen. Dies sei angesichts der engen Zusammenarbeit von Pharmaindustrie und Forschung allerdings unrealistisch. „Wir müssen uns intensiver darüber Gedanken machen, welche Rolle Forscher, Entscheidungsträger und Studienautoren künftig spielen können, um glaubwürdige Ergebnisse zu liefern“, schlussfolgern die Autoren.