Indische IVF-Kliniken klären ihre ausländischen Kunden detailliert darüber auf, wie sie legal überzählige, tiefgefrorene Embryonen im handlichen Gepäcksstück nach Mumbai bringen können (Beispiel The Malpani Infertility Clinic), um sich dort einer IVF-Behandlung zu Dumping-Preisen zu unterziehen. Wenn also menschliche Embryonen als Ware über alle Grenzen transportiert werden dürfen, ja, wenn es sogar erlaubt ist, sie zu vernichten: Warum sollte man mit menschlichen Embryonen nicht auch Handel treiben dürfen? Es sei Zeit, „Embryonen auf Bestellung“ legal zu ermöglichen, sagen deshalb I. Glenn Cohen, Bioethiker an der Harvard Law School, und der Mediziner und WHO-Berater Eli Y. Adashi von der Brown University jüngst in einem Kommentar im New England Journal of Medicine (2013 DOI: 10.1056/NEJMsb1215894).
Damit brechen die Autoren ein letztes Tabu. Denn selbst in Ländern, wo es kaum Beschränkungen für Verfahren der assistierten Reproduktion gibt, wird noch immer der Handel mit Embryonen verurteilt, wie Michael Cook in Bioedge festhält (online, 20. 4. 2013). So habe die American Society for Reproductive Medicine (ASRM) klargestellt, dass „der Verkauf von Embryonen per se ethisch inakzeptabel ist.“
Für die NEJM-Autoren Cohen und Adashi ist es dagegen nur noch eine Frage der Zeit, bis ein klarer rechtlicher Rahmen zum Handel mit menschlichen Embryonen festgelegt sei. Schließlich gäbe es auch einen kommerziellen Samen- und Eizellenhandel, der bereits akzeptiert sei. Einen besonderen Status hätte der Embryo ohnehin nicht mehr, da Millionen von Embryonen im Zuge der künstlichen Befruchtung routinemäßig in IVF-Kliniken und Labors zerstört würden.
Erst kürzlich gab es wegen des Vorwurfs von Embryonenhandel Spannungen zwischen Polen und Deutschland: Der polnische Justizminister Jaroslaw Gowin hatte eine polnische Privatklinik beschuldigt, menschliche Embryonen für wissenschaftliche Experimente nach Deutschland verkauft zu haben (vgl. Deutsches Ärzteblatt online, 22. 4. 2013). Gowin, der wiederholt wegen provokanter Äußerungen zum Lebensschutz aufgefallen war, musste inzwischen sein Amt niederlegen.