Die Behandlung von Kindern stellt Mediziner und Pflegekräfte vor besondere Herausforderungen - in Kommunikation, Therapieentscheidungen und ethischen Fragen. Kinder erleben Krankheit und Schmerz anders, haben altersgemäße Möglichkeiten sich auszudrücken - und auch ihre psychischen Möglichkeiten des Umgangs mit Krankheit unterliegen einer eigenen Dynamik. Angehörige, insbesondere Eltern, sind bei einer schweren Erkrankung des Kindes in einer Krisensituation. Sie brauchen besondere Betreuung, um so gemeinsam mit dem Behandlungsteam zu adäquaten Therapieentscheidungen zu kommen.
Reinhard J. Topf (Leiter der Psychosozialen Abteilung, St. Anna Kinderspital, Wien) zeigt auf, wie Eltern häufig die Ursachen der Krebsentstehung und die „Schuld“ bei sich selbst oder in ihrer nächsten Umgebung suchen. Psychosoziale Faktoren werden dabei häufig überschätzt. Der Beitrag versucht einerseits den psychologischen Hintergrund dieser Situation zu beleuchten, andererseits mögliche Argumentationshilfen für die Gesprächsführung in der Betreuung dieser Familien anzubieten.
Die Kinderanästhesistin Christina Justin (Klinische Abteilung für Herz-, Thorax-, Gefäßchirurgische Anästhesiologie und Intensivmedizin, Meduni Graz) konstatiert, dass die Schmerztherapie bei Kindern lange Zeit vernachlässigt wurde. Aus den Grundlagen ärztlichen Handelns ergibt sich die Notwendigkeit, kindlichen Schmerzzuständen große Aufmerksamkeit zu schenken, denn in der Kindheit erlebter Schmerz ist prägend für ein ganzes Leben. Die Anästhesistin zeigt anhand des biosozialen Krankheitsmodells Möglichkeiten der kindlichen Schmerzerfassung und -therapie auf.
Der Pädiatrische Fallbericht behandelt das ethisch brisante Problem des Leben- und Sterbenlassens bei genetisch schwer geschädigten Neugeborenen. Der Fallkommentar des Ethikers Enrique H. Prat (IMABE, Wien) beleuchtet darin die entscheidenden Fragen: Welche medizinischen Maßnahmen sind für ein Neugeborenes, für das ein Überleben von wenigen Tagen oder Wochen prognostiziert ist, überhaupt sinnvoll? Wie klein müssen Überlebenschancen sein, um auf eine lebensverlängernde Therapie zu verzichten? Wenn Eltern im Zuge der Pränataldiagnostik von einer Trisomie 18 ihres Kindes erfahren, werden sie häufig mit dem Rat konfrontiert, die Schwangerschaft vorzeitig zu beenden. Was heißt es, die Menschenwürde in so einer dramatischen Situation zu achten?
Weitere zwei Beiträge zu aktuellen Themen runden die vorliegende Ausgabe ab: Jakob Cornides (Jurist, Brüssel) diskutiert kritisch die in Österreich bis Dezember 2014 geplante Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, wonach sich lesbische Paare via anonymer Samenspende einen Kinderwunsch erfüllen lassen könnten.
Die Wiener Pharmakologin und Ethikerin Margit Spatzenegger legt die Problematik der Endokrinen Disruptoren (EDCs) dar, die in der westlichen Konsumwelt eine große Rolle spielen. Mittlerweile werden EDCs u. a. von der Europäischen Umweltbehörde mit einer Reihe von gesundheitlichen Schädigungen des Menschen in Zusammenhang gebracht, wie Fertilitätsstörungen, Missbildungen bei Nachkommen, Entwicklungsstörungen oder erhöhten Risiken der Krebsentstehung. Spatzenegger analysiert, welche Herausforderungen die Umwelt- und Tierethik für Lebensstil und Toxikologie bedeuten, und plädiert für einen tugendethischen Ansatz.
Eine Vorschau der Imago-Hominis-Ausgabe 3/2014 mit dem Schwerpunkt „Ethik in der Pädiatrie“ findet sich auf http://www.imabe.org/index.php?id=1522, das Einzelheft kann um 10 Euro zzgl. Versandkosten bezogen werden.