Vor 50 Jahren wurde in den USA die „Pille“ als das erste oral einzunehmende hormonelle Empfängnisverhütungsmittel zugelassen. Sexualität und Mutterschaft lassen sich seitdem so deutlich trennen wie noch nie zuvor. Das Pathos der einstigen Verfechter der Pille ist aber mittlerweile verhallt. Auch sie müssen inzwischen zugeben, dass die Revolution im Schlafzimmer nicht nur einen gravierenden demographischen Wandel ausgelöst („Pillen-Knick“), sondern auch die Beziehung der Geschlechter nachhaltig verändert und binnen 50 Jahren zu einer kulturellen Umwälzung des Sexualverhaltens und der Medizin geführt hat - mit augenscheinlich nicht nur positiven Folgen.
In einem auf die Nebenwirkungen der Pille fokussierten Artikel tragen die Mediziner Walter Rella und Johannes Bonelli Daten und Fakten aus rezenten Studien zusammen - und legen gemeinsam mit Susanne Kummer eine zu diesem Thema im deutschen Sprachraum wohl bislang einzigartige Übersicht über die unerwünschten Neben- und Auswirkungen der Pille vor.
Aufgrund des seit Anfang der 1980er-Jahre bestehenden verstärkten Interesses an Methoden der Natürlichen Familienplanung (NFP) wurde eine Arbeitsgruppe NFP gegründet, die vom Deutschen Bundesministerium für Gesundheit beauftragt wurde, in einer groß angelegten Studie die Bedingungen für eine sichere und autonome NFP-Anwendung zu untersuchen. Die Ergebnisse dieser Studie präsentiert Siegfried Baur, Gynäkologe und selbst Mitglied dieser Forschergruppe. Er zeichnet auch die historische Entwicklung der NFP-Methoden nach und zeigt auf, warum dank vertiefter wissenschaftlicher Erforschung der Pearl-Index der Symptothermalen Methode (Rötzer) inzwischen gleich niedrig ist wie jener von hormonellen Antikonzeptiva.
Die Theologin Katharina Westerhorstmann analysiert die Voraussetzungen für einen leiblich und seelisch verantwortungsbewussten Umgang mit der eigenen Sexualität. Um Sexualität positiv ins Leben zu integrieren, braucht es Tugend. Damit wird klar, dass sich die Frage der Empfängnisregelung letztlich nicht mit einer möglichst nebenwirkungsfreien Methode beantworten lässt, sondern nur mit einer, bei Mann und Frau tief verankerten, offenen Haltung zum Leben, die die eigene Sexualität richtig integriert.
Während die WHO unter dem Titel der „Reproduktiven Gesundheit“ ein allgemeines Recht auf Abtreibung für Frauen fordert - der Mediziner Hans-Bernhard Wuermeling analysiert in seinem Beitrag Wortmanipulationen in der Biopolitik -, legt die auf Posttraumatische Belastungsstörungen spezialisierte Ärztin Angelika Pokropp-Hippen die Psychodynamik des Schwangerschaftskonfliktes dar und analysiert das die psychische Gesundheit gefährdende Potential der Abtreibung.
Sexualität ist mehr als Reproduktion. Sie ist dem Menschen als Tiefendimension eingeprägt, die ihm selbst zur Aufgabe wird. Die Philosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz geht der positiven Bedeutung des Mann- und Frauseins nach und zeigt, wovor die Konstruktion des geschlechtslosen Körpers eigentlich flieht.
Die Imago-Hominis-Ausgabe 4/2010 mit dem Schwerpunkt „Reproduktive Gesundheit“ findet sich kann als Einzelheft um 10,- bezogen werden.