Die britische Beratungskommission in humangenetischen Fragen (Human Genetic Commission, HGC) schlägt vor, ein genetisches Screening-Programm bei Paaren mit Kinderwunsch durchzuführen, wenn Verdacht auf vererbbare Erkrankungen besteht. Die Initiative war vom Screening-Komitee der Regierung ausgegangen (vgl. Lancet, 2011, 377:1290). Laut HGC bestehen keinerlei Einwände, doch müsse die Struktur eines solchen Programms gut überlegt sein: Die Leute sollten - neben entsprechender Beratung - auch genug Zeit zum Nachdenken über ihre Entscheidungen erhalten. Genetische Tests bei Paaren mit Kinderwunsch sollen Träger von genetischen Mutationen identifizieren, durch die genetische Störungen auf das Kind übertragen werden können. Je nach Ergebnis kann das Paar seine Fortpflanzungswünsche adaptieren. Wenn z.B. ein Partner als Träger des Gens für zystische Fibrose identifiziert wird, könne eine künstliche Befruchtung angeboten und ein etwaig „erkrankter“ Embryo" entsorgt werden.
Schon seit 2009 bietet das britische Gesundheitssystem Tests für Frauen an, deren Verwandte wegen einer Genmutation an Krebs erkrankt sind (vgl. IMABE-Newsletter Februar 2009). IVF-erzeugte Embryonen werden bei Vorhandensein eines sogenannten Risiko-Gens vernichtet, obwohl bekannt ist, dass Krankheiten wie Brustkrebs oder Alzheimer weder zwingend ausbrechen, noch allein auf ein bestimmtes Gen rückführbar sind.
Helen Wallace von Gene Watch UK nennt den Screnning-Vorstoß "gefährlich und irreführend". Josephine Quintavalle von Comment on Reproductive Ethics bezeichnet den HGC-Bericht als viel zu "freundlich im Umgang mit genetischem Determinismus". In der Öffentlichkeit würden solche Berichte als großartige neuartige Heilungen gehandelt, was besorgniserregend sei. „Man kann den Träger des Erbmerkmals umbringen, aber das heilt noch lange nicht die Krankheit oder schafft sie gar aus der Welt. Wir haben es hier nur mit einer modernen Spielart der Eugenik zu tun."