Wenn Studien mit einem negativen Ausgang unter den Tisch fallen, kann dies bei einer späteren Meta-Analyse die Einschätzung der Wirksamkeit von Impfstoffen, Medikamenten oder anderen Therapien verzerren. Dass das Problem trotz gesetzlicher Regelungen weiter besteht, zeigt nun eine im British Medical Journal publizierte Studie, die über das Problem von spät oder nie veröffentlichten Studien in den USA berichtet (2016; 352: i637). Nur ein Drittel aller klinischen Studien werden zwei Jahre, nachdem sie abgeschlossen wurden, veröffentlicht. Dies sei deutlich zu wenig, meint Studienleiter Harlan Krumholz von der Yale School of Medicine. Der Kardiologe hat mit seiner Arbeitsgruppe diesmal nicht Pharmaindustrie-gesponserte Studien unter die Lupe genommen, sondern jene, die von Wissenschaftlern an Universitäten und anderen akademischen Einrichtungen durchgeführt werden.
Analysiert wurden mehr als 4.000 Testuntersuchungen, die zwischen Oktober 2007 und September 2010 abgeschlossen waren und auf der Datenbank ClinicalTrials.gov registriert wurden. Zwar waren die Unterschiede in der Transparenz teils groß, doch: Keine Forschungseinrichtung veröffentlichte mehr als 41 Prozent ihrer Studien innerhalb von zwei Jahren. Auch fünf Jahre nach Abschluss sind nach Analyse der Forscher nur 60 Prozent der Ergebnisse publiziert. Entgegen den Erwartungen schnitten Industrie-finanzierte Studien signifikant besser ab als jene, die Geld von Behörden oder anderen akademischen Einrichtungen erhielten.
Ein Nicht-Publizieren von Studiendaten schade nicht nur dem Wissenschaftsbetrieb, sondern sei unethisch. Es verletze die Pflichten gegenüber Patienten und Förderern, sagt Helmholz. Im Bundesgeschäftsjahr 2015 hatte das National Institute of Health mehr als 700 Millionen US-Dollar Steuergelder alleine diversen Einrichtungen im Bundesstaat Ohio für die medizinische Forschung zur Verfügung gestellt.
US-Gesetze verpflichten zur Veröffentlichung von Studien-Ergebnissen. Doch die Autoren betonen, dass es bisher keine effektiven Mechanismen zur Durchsetzung der Veröffentlichung von Ergebnissen gäbe. Zwar können in den USA Strafen von bis zu 10.000 US-Dollar verhängt werden, doch ist dies bisher nie passiert, wie das Gesundheitsnachrichten-Portal STAT berichtet (online, 13.12.2015).
Forschungsinstitutionen und einzelne Wissenschaftler müssen in der Praxis mit keinen Sanktionen rechnen, wenn sie ihrer Pflicht nicht nachkommen. Der Mangel an zügiger Veröffentlichung beeinträchtigt den Wissenschaftsbetrieb auf grundlegende Weise. Auch würden wertvolle Zeit und Ressourcen vertan. Die Autoren befürchten, dass so evidenz-basierte Entscheidungen kompromittiert würden - und fordern neue Mechanismen, um zumindest zukünftig für mehr Transparenz zu sorgen (vgl. Deutsche Apotheker-Zeitung, online, 2.3.2016).