Bioethik aktuell

EU: Jede zehnte Behandlung im Krankenhaus schadet den Patienten

Gesundheitskommissar fordert verbessertes Fehlermanagement und permanente Weiterbildung

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Nach Angaben der EU-Kommission in Brüssel schadet jede zehnte Behandlung im Krankenhaus den Patienten. 4,1 Millionen Menschen infizieren sich pro Jahr an gefährlichen Krankenhauskeimen. 37.000 davon sterben. „Viele dieser medizinischen Behandlungsfehler sind vermeidbar“, meint EU-Gesundheitskommissar John Dalli gegenüber der Tageszeitung Die Welt (online, 10. 01. 2011). Er drängt auf eine europaweite Erfassung der medizinischen Behandlungsfehler, eine Erleichterung von Klagen und eine besseren Entschädigung von Betroffenen. Ein verbessertes Fehler-Management in den Krankenhäusern und eine permanente Weiterbildung des Personals könnten Abhilfe schaffen.

Die EU-Kommission erstellte aufgrund von Hochrechnungen eine Folgenabschätzung: Reduziert man europaweit etwa die Fälle der Krankenhausinfektionen nur um fünf Prozent oder um 225.000 pro Jahr, spart man sich 274 Millionen Euro an zusätzlichen Behandlungskosten. Außerdem würde die Produktivität um 68,5 Millionen Euro erhöht, berichtet die Presse (online, 10. 01. 2011). Patientenanwalt Gerald Bachinger geht davon aus, dass derzeit aus Angst vor Strafen Fehler oft nicht angezeigt werden und man sie deshalb auch beim nächsten Mal nicht vermeiden kann.

Experten hatten kürzlich an dem von IMABE veranstalteten Symposium „Fehlerkultur in der Medizin“ den finanziellen Schaden durch Behandlungsfehler in Österreich thematisiert. Gerhard Mann von der Wiener Städtischen Versicherung rechnete aus, welche Kosten Ärztefehler nach sich ziehen. „Gravierende Behandlungsfehler können bis zu vier Millionen Euro und mehr verursachen, abgesehen vom menschlichen Leid.“ Laut Mann müsste stärker bewusst gemacht werden, welche Auswirkungen auch volkswirtschaftlich drohen.

Unternehmensberater Markus H. Schwarz, Geschäftsführer von Egon Zehnder International, hatte gefordert, dass die Entwicklung einer entsprechenden Fehler- und Teamkultur bereits im Medizinstudium und in der fachspezifischen Berufsausbildung von Pflegekräften im Rahmen des Unterrichts notwendig sei. Dies sei im Rahmen der Überarbeitung diverser medizinischer Curricula an deutschen Universitäten bereits geschehen.

Die Vorträge des Symposiums „Fehlerkultur in der Medizin“ (19./20. November 2010) werden in der März-Ausgabe im Fachjournal Imago Hominis publiziert. Vorbestellung des Tagungsbandes richten Sie bitte an postbox(at)imabe.org, Einzelpreis: 10 Euro. Eine Nachlese, Abstracts der Referenten sowie Pressespiegel zur Veranstaltung finden Sie hier.

Institut für Medizinische
Anthropologie und Bioethik
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