Und wieder ist die Optik schief: Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung stellte Ende Juni 2007 eine Studie vor, die zeigt, dass Millionen Deutsche ungewollt kinderlos sind. Der Untertitel der Studie zeigt an, in welche Richtung es gehen soll: „Was kann die moderne Medizin gegen den Kindermangel in Deutschland tun?“ Tenor der Studie, deren Datenmaterial laut Autoren aus zahlreichen Umfragen und Forschungsstellen zusammengestellt wurde: Um die demographische Eiszeit Deutschlands zu bremsen, sollen In-Vitro-Fertilisierung und Techniken der Reproduktionsmedizin wieder zur Gänze von den Krankenkassen übernommen werden. Seit 2004 werden nur noch 50 Prozent der Behandlungskosten von den Kassen bezahlt. In der Financial Times Deutschland („Die bezahlte Kinderlosen-Studie“, online 27. Juni 2007) kommt die Studie jedoch nicht gut weg. Denn im Klappentext dankt das Berlin-Institut der Serono GmbH „für die Unterstützung bei der Erstellung der Studie.“ Das Biotech-Unternehmen stellt unter anderem Hormone zur künstlichen Befruchtung her und bezeichnet sich als „weltweit führend in der Behandlung von Unfruchtbarkeit“. Institutsdirektor Reiner Klingholz bestätigte gegenüber der FTD, dass Serono die 80.000 Euro teure Untersuchung komplett finanziert habe. Nicht nur Interessensverquickung, auch sachliche Gründe sprechen gegen die These, IVF könne als Demografie-Waffe eingesetzt werden: Die demografische Bedeutung des Rückgangs an IVF-Versuchen ist tatsächlich gering, nicht zuletzt deshalb, weil bei weitem nicht jede Behandlung zum Erfolg führt. Bei 705.622 Geburten in Deutschland im Jahr 2004 ist der Anteil der etwa 8.500 IVF-Geburten von untergeordneter Bedeutung.
Bioethik aktuell
Deutschland: Hormonmarketing mit pseudowissenschaftlicher Methode?
Bezahlte Ungewollt kinderlos-Studie des Berlin-Instituts erntet Kritik
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