Ein neuer Fall von tragischem „selbstbestimmten Suizid“ in der Schweiz wurde nun bekannt: Zwei hochbetagte Verwandte aus Schottland nahmen sich mithilfe der umstrittenen Suizid-Beihilfe-Organisation Eternal Spirit in der Schweiz per tödlichem Drogenmix das Leben. Die Cousins - er 86, sie 89 Jahre alt - hatten 40 Jahre lang füreinander gesorgt, sie lebten in getrennten Wohnungen in einer geschützten Wohnanlage. Da sich die 89-Jährige Phyllis McConachie eine Hüftverletzung zuzog, befürchteten die beiden, auseinandergerissen und in verschiedenen Altersheimen untergebracht zu werden. Sie wählten den Suizid, ohne unheilbare Erkrankung (vgl. The Telegraph, online, 1. 2. 2015).
Die Stiftung Eternal Spirit kämpft international unter dem Motto „Selbstbestimmt leben - selbstbestimmt sterben“ für die Legalisierung der Beihilfe zum Suizid und betreibt seit 2012 im Raum Basel eine Wohnung zur Freitodbegleitung. Hier begehen die Mitglieder ihren Suizid - die Kosten sind nicht unerheblich: Ausländer bezahlen 10.000 Franken, Einheimische 3.000 Franken. Laut Präsidentin Erika Preisig habe Eternal Spirit die Preise an Dignitas, einer weiteren Sterbehilfeorganisation, angepasst. Die Ärztin hatte das schottische Paar zuvor besucht und die Reise in die Schweiz vorbereitet. Im Frühjahr 2014 hatten Schweizer Sterbehilfeorganisationen angekündigt, auch einen „Altersfreitod“ für nicht unheilbar kranke Menschen anzubieten (vgl. IMABE 2014: Schweiz: Exit will assistierten Suizid auch lebensmüden Gesunden anbieten).
Peter Saunders, Direktor von CareNotKilling sprach angesichts des Suizids der beiden schottischen Pensionisten von einer „großen Tragödie“. Das Paar wurde offensichtlich von dem Gedanken, getrennt zu sein, in dieses verzweifelte Vorgehen hineingetrieben, stellt Saunders klar. Der Fall mache erneut die Notwendigkeit einer umfassenden und erschwinglichen Pflege deutlich, in der nicht nur physische, sondern auch soziale und spirituelle Bedürfnisse der Menschen berücksichtigt werden.
In Großbritannien hat Lord Falconer einen Gesetzesentwurf zur Legalisierung der Beihilfe zum Suizid für unheilbar Kranke eingebracht. Heftige Proteste gab es dazu in der zweiten Debatte darüber im House of Lords am 16. Jänner 2015, als Befürworter das Wort „Suizid“ durch „selbstbestimmtes Sterben“ ersetzt haben wollten und zugleich keine rechtlich klare Definition von „unheilbare, zum Tode führende Krankheit“ liefern konnten (vgl. Assisted Dying Bill, Parlamentsprotokoll 16. 1. 2015).
Der Neffe des 86-Jährigen Stuart Henderson beklagte, dass er als nächster Angehöriger erst Wochen später davon erfuhr, dass sich sein Onkel in der Schweiz das Leben genommen hatte. Gegen die Umgehung der Angehörigen bei Suizidbeihilfen hat nun auch der Belgier Tom Mortier eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht (vgl. The Telegraph, online, 2. 2. 2015). Seine 64-jährige Mutter Godelieva De Troyer war depressiv und wurde auf eigenen Wunsch in einem Krankenhaus in Brüssel im April 2012 mittels einer Giftspritze getötet. Ihr Sohn erfuhr erst davon, als das Krankenhaus ihn für das Leichenschauhaus kontaktierte.